Allgemeines 

Ein Besuch in den Aberdares, einem Gebirgszug nördlich von Nairobi, verspricht ein besonderes Landschaftserlebnis. Der zentrale Abschnitt des zum Ostafrikanischen Grabensystem gehörenden Aberdare Range wurde 1950 zum Aberdare National Park erklärt. Der Nationalpark erstreckt sich über etwa 60 km in Nord-Süd-Richtung, man erreicht ihn von Nairobi aus am schnellsten über die Ortschaft Nyeri (von Nairobi ca. 145 km). Höchste Erhebungen in den Aberdares sind der Ol Doinyo Lesatima (3999 m ü.d.M.) und der Kinangop oder Nyandarua (3906 m ü.d.M.). Weite Teile des Nationalparks liegen zwischen 3000 und 3500 m Höhe. Seinen heutigen geläufigen Namen, der an einen ehemaligen Präsidenten der Royal Geographic Society erinnert, erhielt der Gebirgszug 1884 von dem Forschungsreisenden Joseph Thomson. Die Kikuyu dagegen fühlen sich beim Anblick des Gebirges an ein auf ein Gestell gespanntes Tierfell erinnert und bezeichnen es als Nyandarua (= trocknendes Fell). Von grösseren Touristengruppen wird der Aberdare National Park relativ selten besucht, und selbst die Zahl der Individualtouristen hält sich in überschaubaren Grenzen. Dies liegt nicht zuletzt an den wegen der üppigen Vegetation eingeschränkten Möglichkeiten der Tierbeobachtung und an den Witterungsverhältnissen. In den Aberdares können das ganze Jahr über Niederschläge fallen, häufig hüllen Wolken und Nebel die Bergwelt ein. Heftige Regenschauer verwandeln die Pisten im Park schon nach kurzer Zeit in Schlammwege. Nach längeren Regenfällen muss der Park häufig geschlossen werden. Generell braucht man für Fahrten innerhalb des Nationalparks ein Auto mit Allradantrieb. Will man auf das Abenteuer einer privat unternommenen Autofahrt durch das Gelände verzichten, so können sich auch Tagesgäste zwecks Pirschfahrten an den nachfolgend erwähnten Aberdare Country Club bzw. an das Outspan Hotel in Nyeri wenden.  

  Geschichte 

Das Zentrale Hochland Kenyas, zu dem auch die Aberdares gehören, ist traditionelles Siedlungsgebiet der Kikuyu. Das angenehme, relative kühle Klima und die fruchtbaren Böden lockten Anfang des 20. Jh.s vor allem britische Siedler an, die sich hier prächtige Landsitze inmitten ausgedehnter Farmareale errichteten. Einen legendären Ruf erlangte das ”Happy Valley” (Tal des Wanjoh im Westen der Aberdares). Bei rauschenden Champagnerpartys wussten sich die weissen Farmer in den zwanziger und dreissiger Jahren hier prächtig zu amüsieren. Unerfreulicher wurde die Situation für die weissen Bewohner Mitte des 20. Jh.s. In den fünfziger Jahren1952 machte das "Treetops" Geschichte, als Königin Elisabeth II in dieser Lodge resisdierte waren die Aberdares Rückzugsgebiet der Mau-Mau. In der nahezu unzugänglichen Wildnis waren die Guerillakämpfer vor den Verfolgungen britischer Soldaten relativ sicher. Fast alle Pisten, die den Aberdare National Park heute durchziehen, wurden damals von den Briten angelegt. Bereits 1932 wurde in der Wildnis die Lodge ”Treetops” errichtet. Die zunächst nur aus zwei kleinen Baumhäusern bestehende Lodge wurde weltbekannt, weil sich die Geschichte heutige Königin Elizabeth II. von England dort 1952 aufhielt, als sie Kenntnis vom Tode ihres Vaters, König George, erhielt. Die Lodge wurde 1954 im Zuge der Mau-Mau-Revolte niedergebrannt, einige Jahre später jedoch in vergrösserter Form wieder aufgebaut. Das fruchtbare Farmland am Fusse der Aberdares befindet sich heute grösstenteils wieder im Besitz der Kikuyu. Um sie vor den Wildtieren zu schützen, aber auch um die Tiere vor den Menschen zu schützen, wurde damit begonnen, den Nationalpark mit einem elektrischen Zaun zu umgeben. Wegen der hohen Kosten ist der Zaun jedoch bisher erst auf einer Länge von wenigen Kilometern fertiggestellt.  

  Landschaftsbild 

Die Aberdares bieten ein Landschaftsbild, das man in Afrika nicht unbedingt erwarten würde. Die reichen Niederschlagsmengen in dieser Region sorgen für eine – zumindest in tieferen Lagen – üppige Vegetation. Bis zu einer Höhe von etwa 2400 m bedeckt nahezu undurchdringlicher Regenwald die Berghänge, Bambusdickicht wächst bis in Höhen von 3000 m, darüber findet man bis 3400 m Höhe eine Zone mit sogenannter afro-alpiner Vegetation, Leitpflanzen sind hier Farne, Moose und Orchideen. Die sanft gewellten Hochmoore in den höchsten Lagen lassen an Irland oder Schottland denken. Tiefe Schluchten durchschneiden das Bergland, überall sprudeln klare forellenreiche Bäche, einige Wasserfälle, darunter die Gura Falls, die höchsten Wasserfälle Kenyas, sorgen für weitere imposante Landschaftseindrücke. 

  Wildbestand  

Ist man zu etwas Geduld bereit oder verweilt in einer der im folgenden aufgeführten Lodges, so wird man auch in den Aberdares interessante Tierbegegnungen haben. Gross ist der Bestand an Büffeln, Elefanten und Wildschweinen. Von den im Park vorkommenden Antilopenarten ist besonders auf die Bongos zu verweisen, die man nur hier oder am Mount Kenya antrifft. Diese seltene und sehr scheue bräunlich-rote Antilopenart hat weisse Längsstreifen. Ferner sind Nashörner, Löwen, Leoparden, Hyänen und Wildhunde im Nationalpark heimisch. Relativ häufig sieht man den auffälligen Colobus-Affen mit seinem langen, weissen buschigen Schwanz.  

  Unterkünfte 

Idealer Platz zur Wildbeobachtung: die Lodge "The Ark" im Aberdare National ParkDie Unterkunftsmöglichkeiten im Park selbst sind begrenzt. Selbstversorger können in der Kiandongoro Fishing Lodge (zwei einfache Häuser mit mehreren Schlafräumen) bzw. auf einfachst ausgestatteten Campingplätzen übernachten. Einzige Alternative dazu sind zwei recht teure Lodges: The Ark und Treetops. Beide Lodges darf man nicht mit dem eigenen Fahrzeug ansteuern. Übernachtungsgäste werden vom nahe der östlichen Parkgrenze, bei  Nyeri gelegenen Aberdare Country Club mit Hotelbussen nach The Ark bzw. vom Outspan Hotel zur Treetops Lodge gebracht. Sowohl The Ark als auch Treetops wurden auf Pfählen neben einer nachts beleuchteten Wasserstelle errichtet. Man kann sich bequem auf einer der Aussichtsterrassen niederlassen und abwarten, welche Tiere sich am Wasserloch zeigen. Selbst wer seinen Beobachtungsstandpunkt verlässt, braucht keine Sorge zu haben, dass ihm eine bedeutsame Tierbeobachtung entgeht. Nähert sich Grosswild der Wasserstelle, so ertönt in allen Zimmern ein akustisches Signal. Neben dem erwähnten Aberdare Country Club und dem Outspan stehen in Nyeri weitere, auch einfache Hotels als Unterkunftsmöglichkeit zur Verfügung.

  Wanderungen 

Der Aberdare-Nationalpark ist mit seiner grandiosen Landschaftskulisse ein prächtiges Wanderareal. Wegen des grossen Bestandes an Wildtieren (die Löwen sollen hier besonders angriffslustig sein) dürfen Wanderungen allerdings nur nach Voranmeldung und in Begleitung eines bewaffneten Wildhüters vorgenommen werden. Relativ leicht können – bei geeigneten Witterungsbedingungen – auch die höchsten Gipfel im Park, der Ol Doinyo Lesatima und der Kinangop, erklommen werden. Für die Besteigung des Ol Doinyo Lesatima benötigt man etwa fünf Stunden.